BMX-Freestyle: Rebecca Berg – Mit neuem Namen und Rampen Richtung Olympia

Rebecca Berg hat ihren Dustin geheiratet und heißt nun Gruhn. – Foto: privat

Die Coronapandemie hatte BMX-Fahrerin Rebecca Gruhn (geb. Berg) wie viele andere als Sportlerin zurückgeworfen. Lange Zeit waren die Rampen, auf denen die 28-Jährige in Stendal trainiert, gesperrt, da es sich um eine öffentliche Anlage handelt.

Trotz Sondergenehmigung blieb das Training in ihrer Heimatstadt vorerst unmöglich. “Ein, zweimal sind wir nach Berlin gefahren. Dort durfte ich komischerweise trainieren”, meint Gruhn schulterzuckend.

Ansonsten musste sie sich abseits der Rampen fit halten. Statt der geplanten Weltcup-Teilnahmen, Olympia und Weltmeisterschaft gab’s Lauftraining und Fitness-Einheiten auf dem normalen Fahrrad. Die Zwangspause und ausgefallenen Wettbewerbe haben an der Motivation gekratzt, gibt Rebecca Gruhn zu.

Und doch hatten die zahlreichen Wettkampfabsagen etwas Gutes: Die Wochenenden, die Rebecca sonst bei Wettbewerben, auf Autobahnen oder mit Training verbracht hätte, wurden stattdessen für Hochzeitsvorbereitungen genutzt.

Rebecca Gruhn fliegt über die neuen Stendaler BMX-Rampen.

Am 12. September gaben sich Rebecca und Dustin Gruhn, der ihre Leidenschaft für den BMX-Sport teilt, das Ja-Wort. Zumindest für einen Tag musste der übliche Dresscode “Jeans und Helm” dem Brautkleid und Schleier weichen – das BMX-Rad durfte trotzdem nicht fehlen, ist es doch Gruhns Begleiter seit Kindertagen.

Kurz vorm Aufhören

2017 hatte die Stendalerin mit dem Gedanken gespielt, ihr Rad an den Nagel zu hängen. Dann kam die Nachricht, das ihre Disziplin ab 2020 zum olympischen Programm gehört. Der Bund Deutscher Radfahrer reagierte. “Es wurde ein Nationalkader für BMX-Freestyle aufgemacht, und ich dafür bei den Frauen nominiert. Das hat das Feuer wieder entfacht“, erinnert sie sich.

Das Problem: wie viele Sportler aus der meist verbandsungebundenen BMX-Freestyle-Szene gehörte Rebecca bis dahin keinen Verein an und besaß auch keine UCI-Lizenz. Über ihre Anfrage beim Landesverband wurde sie an den BMX-Verein “congrav new sports” in Halle/Saale vermittelt.

Seitdem vertritt Rebecca Sachsen-Anhalt nicht nur im Bundeskader, sondern nahm in den vergangenen Jahren an UCI-Weltcups und Weltmeisterschaften im BMX-Park-Freestyle teil, wurde 2019 DM-Zweite sowie EM-Fünfte.

International hat sich Gruhn einen Namen in der BMX-Szene gemacht. Dass sie einmal zur Weltspitze zählen würde, hat wohl niemand gedacht, als ihre Eltern ihr als Kind ein BMX-Rad schenkten, weil sie den Sport im Fernsehen so toll fand. Und mit der Aufnahme der Disziplin in das Programm der Olympischen Spiele bietet sich der 28-Jährigen nun sogar die Chance auf eine Olympia-Teilnahme.

Olympia-Zugehörigkeit eröffnet Anlangenerweiterung

BMX Park in Stendal

“Die blauen Rampen hier”, meint Gruhn und deutet auf die Anlage, auf der reger Betrieb herrscht, “sind die, die ich von Tag eins an fahre.”

Neu sind zwei graue Elemente, die nun kürzlich durch den Oberbürgermeister der Stadt Stendal, Klaus Schmotz, und den Leiter des Olympiastützpunktes Sachsen-Anhalt, Helmut Kurrat, offiziell eröffnet wurden.

Die Erweiterung, für welche die Stendaler Streetworker lange gekämpft hatten. Das Label “Olympia” beschleunigte die Invention von rund 50.000 Euro in die Modernisierung.

Die neuen Rampen entsprechen den auf internationalem Niveau geforderten Maßen, wodurch Rebecca Gruhn eine optimale Wettkampfvorbereitung ermöglicht werden soll.  “Man lernt im Training, die Rampen richtig zu fahren”, erklärt die 28-Jährige.

Synergie zwischen Leistungs- und Breitensport

Für die BMX-Sportlerin kam zu keinem Zeitpunkt ein Wechsel zu einem anderen Verein in Frage – sie ist und bleibt Stendalerin. “Deshalb müssen wir eben hier in Stendal einen kleinen Olympiastützpunkt errichten“, reagiert Kurrat.

Kurrat sichert Gruhn im Rahmen der Eröffnung bestmögliche Unterstützung zu, um ihr trotz “unzureichender Trainingsbedingungen in Sachsen-Anhalt” ein Training auf hohem Niveau zu ermöglichen. “Eigentlich ist das auch eine sehr exotische Geschichte“, reflektiert er die vergangenen Jahre der Zusammenarbeit, “eine Einzelkämpferin auf Olympia vorzubereiten.”

Die Stendaler BMX-Crew.

Kurrat bezeichnet die Stendaler Anlage mit ihren neuen Elementen als “Synergie zwischen Leistungssport und Breitensport in außergewöhnlicher Weise“, was besonders an den zahlreichen Kindern und Jugendlichen deutlich wird, die mit Rollern und BMX-Rädern täglich über die Rampen fahren.

Sowohl der Leiter des Olympiastützpunktes als auch der Oberbürgermeister erhoffen sich durch den Ausbau des Parks, neben Rebecca Gruhn weiteren potentiellen künftigen Olympiade-Teilnehmern den Weg in den Leistungssport zu ebnen.

Nur ein Startplatz für Tokio 2021

Die Hürde der Olympia-Teilnahme in Tokio im kommenden Jahr liegt allerdings hoch; dessen ist sich die Fahrerin aus Sachsen-Anhalt bewusst. Im Starterfeld der Olympiade gibt es nur einen Startplatz für die deutschen Frauen. Um sich ihren Traum von Olympia im kommenden Jahr zu erfüllen, muss sich Gruhn in der Qualifikation gegen die 20-jährige Lara Lessmann, Vizeeuropameisterin und WM-Vierte des Vorjahres, durchsetzen.

Doch davon lässt sich Rebecca Gruhn nicht unter Druck setzen. Sie selbst sieht die Herausforderung eher in der Höhe und Geschwindigkeit des Sports und darin, sich die Tricks zu trauen. “Ich bin ja auch nicht mehr 14”, meint sie schmunzelnd.

Und obwohl wegen der Pandemie noch keine Wettkämpfe wieder in Sicht sind, trainiert die Stendalerin weiter, als würden bald welche stattfinden – denn nicht einmal Corona kann ihren Ehrgeiz für das eine Ziel abschwächen: Olympia.

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